Während ich am Samstag auf der Plaza Nueva auf den Minibus wartete, hätte ich doch die Kathedrale besuchen sollen: um elf Uhr begann der Gottesdienst mit über 4000 Besuchern, bei dem eine Tochter der Stadt, María Emilia Riquelme y Zayas, selig gesprochen wurde, als erste Frau aus Granada. Der Körper der 1940 Verstorbenen war auch dort und konnte bestaunt werden. Mittlerweile hat man ihn ins Mutterhaus des von Beata María gegründeten Missionsordens gebracht, dessen Schwestern in Nord- und Südamerika, auf den Philippinen, in Portugal und in Spanien selbst tätig sind. Dieses Großereignis habe ich verpasst.
Hätte ich das Plakat bloß früher gelesen! Gesehen habe ich es ja ... |
Auch heuer im Sommer ist mir etwas entgangen, das ich schon lange tun wollte: an den Ort zurückkehren, wo ich zum ersten Mal Flamenco -- oder eher Sevillanas -- sah, getanzt von alten Frauen, Kindern und relativ jungen Männern, auch von dem einen ... Paaaablo. Herz. Schmerz. Jugend!
Anfang August schwächelte ich dann genau an dem Tag, an dem der Ausflug nach Bubión anstand, und wollte die kurvenreiche Autofahrt von Almuñecar aus nicht wagen. Und danach war's zu spät. Jetzt also am Wahlsonntag im November auf in die Alpujarras.
Der Bus ist relativ voll, Studentinnen und Studenten aus Italien und Deutschland wollen einen Tag Natur schnuppern, einige Reisende länger bleiben, nach ihrem Gepäck zu urteilen. Die Landschsft südlich von Granada wird karger, als wir uns der Sierra Nevada nähern, es gibt nicht viel mehr als Olivenbäume. Irgendwann in den Alpujarra-Bergen wird es dann auch der Olive zu kalt, doch Wein wächst noch.
Komisch, ich dachte, Wein sei anspruchsvoll. Vielleicht soll ich ein Glas Hauswein probieren hier im höchstgelegenen der drei Dörfer des Poqueiratals, im pittoresken Capileira. Aber nein, die Kirche aus dem 16. Jahrhundert ist gerade noch geöffnet, genau eine Stunde am Tag, da muss ich hinein, ohne Wein.
Und hübsch ist sie wirklich, wie mir der nette Mann im Büro fürs Hochgebirge (oder so) gesagt hat. Irgendwie viel ... viel schöner als die großen Kirchen, auch als die Klosterkirche am Sacromonte. Die Darstellung der Jungfrau vom Kopf war angeblich ein Geschenk der Reyes Católicos an die neue Christengemeinde hier, die offensichtlich brav bei der Reconquista geholfen hat. Arabern hatten die Dörfer hier angelegt, samt Bewässerungssystem, das natürlich auch abhängt vom Schnee, den es immer weniger gibt, sagt man. Über Jahrhunderte waren es also die Mauren, die hier lebten. Nach ihrer Vertreibung gaben die kleinen Siedlungen Christen aus dem Norden und Zentralraum Spaniens eine Heimat. Interessant (finde ich!): auch ein Vorfahre der gestern selig gesprochenen María Emilia Riquelme, der Gran Capitán, hatte sich natürlich in den Dienst der Wiedereroberung des Landes um Granada gestellt und war deshalb hoch angesehen, im Jahr 1492 and ever since.
Dieses Jesukind aus dem 15. Jahrhundert gehörte dem Gran Capitán, der es bei allen Schlachten im Dienste der Kirche dabei hatte. Jetzt steht es im Kloster San Jerónimo in Granada |
La Virgen de la Cabeza, direkt unter dem Gekreuzigten in der Kirche von Capileira |
Seitlich an beiden ... |
... Wänden (November ist, also trägt Maria Schwarz) |
Noch ein nettes Stück, aber ... |
... dieses gefällt mir am besten |
Nach der kurzen Einkehr pilgere ich den Berg hinunter in mein Lieblingsdorf, das um die 300 Einwohner hat und wirklich besonders ist: Bubión. Von irgendwo hier kann man an guten Tagen gleichzeitig das Mittelmeer und das Hochgebirge der Sierra Nevada sehen. Sagt die ausführliche Broschüre des Museo Casa Alpujarreña, siehe unten. Was ich hier in der Nähe sehe, genügt mir auch: uralte, steile Pfade und Steinwege, weiße Häuser mit Flachdächern zum Trocknen allerlei Krautes, Rauchfänge mit Hüten oben drauf, immer wieder Brunnen mit Trinkwasser, ehemalige Waschplätze, die für uns Touristen erhalten werden, ab und zu ein paar Schafe, Himmel, und manchmal die Sonne.
Hier wusch frau die Wäsche in Capileira |
Immer wieder könnte ich hier etwas kaufen |
Manchmal ist alles einfach, ... |
... dann wieder nicht |
Blick zurück auf Capileira |
Ohne mich zu verirren erreiche ich Bubión und finde -- magisch -- sofort den Platz, auf dem ich meine erste spanische Dorf-fiesta gefeiert habe. Groß ist er, für ein so winziges Dorf. Und der Brunnen war damals schon da? Ja, sagt der Alte, der neben dem Rathaus hier am Platz wohnt. Du hast sicher drinnen gebadet, bei der fiesta, sagt er auch. Hab ich? Das Heimatmuseum am Eck gab es jedenfalls noch nicht, und es ist jetzt noch eine gute halbe Stunde geöffnet -- magisch, als ob ich alles so geplant hätte. Die Führung für zwei deutsche und einen französischen Studenten hat gerade erst begonnen, also darf ich mit. Und die Aussteigerin aus Barcelona, die uns das Häuschen zeigt, will hier nicht mehr weg. Warum auch? Es gibt alles, was frau braucht. Und dreimal am Tag fährt ein Bus ins ferne Granada, aber auch wieder zurück nach Bubión.
Der Platz zwischen Kirche und Rathaus, samt Brunnen |
Eigentlich gibt es alles in Bubión |
Von der EU geförderter Schulneubau -- Partner für ein Hospitationspraktikum? |
Plötzlich lockt mich Bubión für länger, vielleicht im Sommer, wo viele Einheimische und Erben nach Einheimischen Häuschen und Zimmer vermieten an Leute wie mich. Was würde mein Kind hier tun? Spielplatz gibt es in Bubión einen, in Capileira auch, in Pampaneira mehrere, doch für Spielplätze es zu spät; Natur gibt es ganz viel, karg, oft windig, oft eisig kalt --- Moment, ich möchte ja im Sommer herkommen, eventuell, vielleicht. Was würde meine bald Fünfzehnjährige also hier tun? Spanisch reden?
Winziger Garten, ... |
das Haus nicht viel größer. Wenn es Zentralheizung hat, will ich es haben in ein paar Jahren, ... |
und vielleicht geh ich dann auch Orangen holen am Sonntag zu Mittag vom Baum irgendwo |
In Pampaneira war ich dann auch noch, jausnen und Honig kaufen und Feigentörtchen und Postkarten, aber kein Vergleich mit Bubión.
Beides war lecker, und den Zucker hat der Wind verblasen |
All das und ganz viel fetten Schinken hätte ich bestellen können in Pampaneira, wenn bloß der Kellner nicht sooooo langsam gewesen wäre |