Sonntag, 17. November 2019

Und aus



Wieder daheim fülle ich den TeilnehmerInnen-Bericht für ERASMUS + aus, der im SPAM-Ordner gelandet ist. Kein Wunder bei dem Absender: replies-will-be-discarded@ec.europa.eu.

Dann schicke ich meine Antworten ab und bin doch nicht zufrieden. Etwas fehlt. Seit Tagen will ich meine spanische Schule vergleichen mit den Schulen, die ich hier in Österreich kenne. Am Formular von ERASMUS+ war kein Platz dafür, also tu ich es jetzt hier, in meinem letzten Blogeintrag.

Ich habe natürlich nur eine spanische Schule von innen gesehen und ein paar andere im Vorbeigehen, zum Beispiel einige Grundschulen in der Umgebung des IES Pedro Soto de Rojas sowie andere Sekundarias, an denen ich auf meinen morgendlichen Spaziergängen zur Schule vorbei kam. Auch ein paar Privatschulen sind mir aufgefallen, denn die SchülerInnen dort tragen Uniform und werden manchmal in sehr großen Autos gebracht. Sehr unpraktisch in den engen Gassen der Altstadt.

Jedenfalls basiert diese Zusammenfassung hier allein auf meinen Beobachtungen und Interviews: so oft es ging, stellte ich Eltern am Schulweg Fragen, wollte in Bars und Bäckereien wissen, was den Erwachsenen zum Schulsystem einfällt, hörte SchülerInnen 'meiner' Schule zu, wenn sie bereitwillig über Gutes und weniger Gutes erzählten. Ausführliche Informationen bekam ich vom Direktor der Schule, von der Kollegin, die meinen Stundenplan vorbereitete, von den wirklich herzlichen Kolleginnen und Kollegen sowie den anderen guten Geistern im Schulgebäude, von denen jede/r geduldig zuhörte, bis ich meine Frage auf Spanisch gestellt hatte, und dann drauf los erzählte.

Alsdann, ein Vergleich. El Instituto de Educación Secundaria Pedro Soto de Rojas hat etwa 800 SchülerInnen, die nach sechs Jahren Grundschule (in einem der umliegenden Colegios de Educación Infantil y Primaria) hier für weitere vier Jahre die Pflichtschule besuchen. Danach können sie einen Beruf erlernen (sich zum Beispiel gleich im selben Gebäude zur Pflegefachkraft für kranke und/oder alte Menschen ausbilden lassen), oder aber zwei weitere Jahre die Kurse des Bachillerato absolvieren, die mit Abschlussprüfungen im Mai enden und Voraussetzung sind für die Anmeldung zur Aufnahmsprüfung an einer Universität. Letztere dauert drei Tage im Juni und ist für alle Studierwilligen gleich (also standardisiert), während die exámenes finales an den Schulen erstellt und korrigiert werden. Die Noten dieser Prüfungen, die der beiden letzten Schuljahre und das Ergebnis des dreitägigen Tests entscheiden über die Zulassung zu einem Studium.

Soweit, so anders. Wie so vieles. Das Schuljahr ist dreigeteilt, heuer von der dritten Septemberwoche bis Weihnachten; von Jänner bis Anfang April; und von nach Ostern bis zum 23. Juni. Bis zum 16. Lebensjahr sitzen alle SpanierInnen in einer Gesamtschule (ja, Privatschulen gibt es auch, und manche staatliche Schulen sind besser als andere, höre ich, aber darüber müssen andere berichten). Die Jugendlichen können aus unterschiedlichen Zweigen wählen (wie auch an unseren AHS und BHS), aber es gibt keine Unterscheidung, die vergleichbar wäre mit unseren Mittelschulen und Gymnasien.  Je nach Größe einer Schule werden unterschiedlich viele Wahlfächer angeboten; für die (wenigen) SchülerInnen am IES Pedro Soto, die statt naturwissenschaftlicher Fächer den Weg der Humanidades wählen, gibt es Latein- und sogar Altgriechischunterricht, was mich freut. Zwei Jahre nur, aber immerhin. Und Musiktheorie und Kunstgeschichte und ein Fach, das sich mit sozialem Wandeln und Geschlechterrollen beschäftigt. Vieles ist möglich. Die Stundentafel des berufsbildendes Zweigs an 'meiner' Schule bietet nicht nur sehr viel Praktisches wie Kochen für alte und kranke Personen, mit denen die AbsolventInnen eines Tages arbeiten werden, sondern auch Arbeits- und Vertragsrecht, das eine Rechtsanwältin unterrichtet. Warum gibt es das Fach nicht für alle, hab ich sie gefragt. Und warum gibt es das bei uns an den Schulen gar nicht, frage ich mich jetzt.

Und warum haben wir in den österreichischen Schulen kein Departamento de Orientación Educativa, in dem sich SonderpädagogInnen, Dyslexiespezialistinnen, Experten für ADHS und Entwicklungsverzögerung, für Hör- oder Sehbeeinträchtigungen um betroffene SchülerInnen kümmern, wenn nötig täglich? Eine Psychopädagogin ist 25 Stunden pro Woche vor Ort, um alles zu koordinieren, sie organisiert auch Termine bei Ärzten und Psychologen, wenn sie mit SchülerInnen und deren Eltern der Meinung ist, dass sie notwendig sind. Außerdem berät sie in Fragen der Berufs- und Studienwahl, macht also vieles, was bei uns wohl angeboten wird, nicht aber so praktisch an einem Platz, zu dem die SchülerInnen an jedem Schultag Zugang haben.

Kinder mit nicht-spanischer Muttersprache sind an 'meiner' Schule die absolute Ausnahme, was den Lehrkräften die Arbeit erleichtert und nicht in jedem Stadtteil Granadas der Fall ist. So es irgendwie möglich ist, werden alle SchülerInnen im Klassenverband unterrichtet, für Förderstunden treffen sie, wenn nötig, zum Beispiel einige Stunden pro Woche eine Dyslexielehrerin.

Die LehrerInnen hier unterrichten nur ein Fach, arbeiten (in Andalusien) in der Regel 18 Wochenstunden in der Klasse (egal, was sie lehren), und haben sieben weitere Stunden Anwesenheitspflicht im Schulgebäude: drei für Supplierungen und Aufsichten während der Pausen, vier für Schüler- und Elterngespräche. Die Bezahlung ist in Andalusien niedriger als in anderen Regionen Spaniens, das Leben sei aber auch billiger als im Norden, sagt man mir.

Eine echte Pause gibt es an 'meiner' Schule nur einmal am Tag, von 11.15 bis 11.45 Uhr. Zwischen den 60 Minuten dauernden Unterrichtseinheiten verlassen die Kinder und Jugendlichen ihren Klassenraum nur, um das WC aufzusuchen, theoretisch jedenfalls. Wie bei uns gibt es welche, die am Gang Kontakt zu anderen suchen oder neugierig sind oder Bewegung brauchen. Ein paar Sonderunterrichtsräume gibt es am IES Pedro Soto de Rojas, natürlich auch einen Turnsaal und ein großes Freigelände, das für Sport und während der Pause genutzt wird.

Fast alle SchülerInnen bringen ein ordentliches Jausenbrot von zu Hause mit (ich sehe oft Tortillafüllung oder Schinken in den Bocadillos), und manche holen sich Nachschub vom Buffet, das auch einen separaten Raum für Lehrkräfte hat und neben Kaffee und Tee frisch gepressten Orangensaft anbietet, getoastete Brotschnitten mit Paradeisern und Olivenöl sowie Schokobrezen.

Ich bemerke nur wenige übergewichtige Schülerinnen und ganz selten einen rundlichen Schüler, und die meisten sind sportlich-bequem gekleidet -- die männlichen Jugendlichen wirken durchwegs, als wären sie auf dem Weg zum Fußballtraining. Die wenigsten Mädchen und jungen Frauen tragen Make-up, gefärbtes Haar fällt mir bei keiner der Schülerinnen auf, ganz wenige haben ein kleines Ohrpiercing, Burschen wie Mädchen. Insgesamt scheinen mir diese andalusischen SchülerInnen jünger als meine eigenen in Österreich, sie sind sehr aufgeschlossen und gesprächsbereit mir gegenüber (am liebsten in der Muttersprache, denn Englisch fällt ihnen meist schwer, wie sie sagen). Studenten und Studentinnen an der Universität von Granada, einer der ältesten und größten im Land, schauen unseren OberstufenschülerInnen ähnlicher: individuellere Kleidung, Frisuren, Haarfarben.

Was während mancher Unterrichtsstunden auffällt, und das hängt vielleicht auch mit der Klassengröße von 30 oder mehr SchülerInnen zusammen, ist der hohe Lärmpegel. Vor allem in den zweiten, dritten und vierten Klassen hätte ich mir oft mehr Ruhe (ja, Disziplin) gewünscht, denn wenn fast alle laut sind, können nur wenige lernen. Finde ich. Und sagte ich manchmal auch den Dreizehn- bis Fünfzehnjährigen. Manche gaben mir recht, viele tratschten weiter. In den beiden letzten Schuljahren, die nicht mehr ESO (Educación Secundaria Obligatoria, also Pflichtschule) sind sondern BAC (Bachillerato, also Vorbereitung auf die Abschlussprüfungen, die eine der Voraussetzungen für ein Hochschulstudium sind), geht es motivierter, zielstrebiger, ruhiger zu, obwohl auch hier die Klassen mit 30 SchülerInnen sehr groß sind.

Die Bachillerato-SchülerInnen müssen alle Schulbücher bezahlen, in den zehn Pflichtschuljahren sind die Bücher gratis, aber nur geliehen. Vier Jahre lang wird ein Buch im Schnitt verwendet, das heißt keine/r darf unterstreichen oder gar Antworten ins Buch schreiben. An meinem IES Pedro Soto de Rojas, wo wie an vielen Schulen bilingualer Unterricht stattfindet, gibt es in manchen Fächern für jeden Schüler, jede Schülerin zwei Schulbücher mit identem Inhalt: eines auf Spanisch, eines auf Englisch. Im Unterricht oder zu Hause können Wissbegierige also sehr viel Vokabular und einiges an Strukturen lernen, indem sie idente Kapitel parallel durchgehen. Die Lehrerinnen, deren Fremdsprachenkenntnisse gut bis sehr gut sind, arbeiten gut mit diesem System, die anderen tun sich schwer. Das bilinguale Modell steht erst am Anfang und man hofft, (junge) LehrerInnen mit noch besserem Englisch dafür zu begeistern. Vor allem die Aussprache ist ein Problem, und die ayudantes (teaching assistants, muttersprachliche SprecherInnen meist aus den USA) können nur bedingt ausgleichen, weil sie einfach zu selten und zu kurz in den Klassen sind.

Ich habe nicht den Eindruck, dass die jungen SpanierInnen weniger englischsprachige Musik hören als unsere Jugendlichen, Videospiele sind ebenfalls populär und werden auf Englisch gespielt, (US-amerikanische) Filme werden hier wie dort nicht im Original geschaut. Warum also tun sich viele SpanierInnen schwerer mit der Fremdsprache als viele ÖsterreicherInnen?


Granada und 'meine' Schule waren ein Erlebnis, das Hospitationspraktikum eine wirkliche Bereicherung.

Nicht abgehen werden mir

* meine Dusche in Granada (Stichwort Wasserdruck; ja, dritter Stock; aber hallo, 21. Jahrhundert)
* der Tortilla-Kochgestank, der einmal aus der Nachbarwohnung in meine gekrochen ist, durch die Heizungsschlitze! (andererseits -- zumindest gibt es eine Heizung/ Klimaanlage)
* das Brot in Spanien -- ich habe wirklich alles probiert, aber es schmeckt mir nicht


Nein, danke

Hausbrot? Aus welchem Haus?

* der Lärm in den Klassen während des Unterrichts und in den Gängen während der Pausen

Vermissen werde ich
* alles andere

Und aus.

Samstag, 16. November 2019

Un viernes negro



Noch ist Black Friday nicht da, die EnglischlehrerInnen und teaching assistants bereiten aber natürlich schon Unterrichtseinheiten dazu und zu Thanksgiving vor. Nicht anders als zu Hause, wo ich bald wieder sein werde. Schön, weil Kind und Katze und SchülerInnen, nicht schön, weil es hier noch sooooo viel zu erkunden gäbe. Am 16. ist Tag des Weltkulturerbes und damit Gratiseintritt in die Alhambra, nächstes Wochenende machen die Schilifte in der Sierra Nevada auf, wie mir der Taxifahrer gerade erzählt hat, das nächste Erdbeben kommt sicher auch bald, neue Flamencoschuhe haben immer noch nicht ihren Weg in meinen Koffer gefunden... Aber ich muss heim, via Madrid. Bin ein bisschen früh dran, aber ich habe dem Direktor und den Kolleginnen nicht glauben wollen, dass der Flughafen mit dem langen Namen Federico García Lorca, Granada/ Jaén sooooo winzig ist.


Genau sechs Flüge zwischen Mittagessen
und nächstem Frühstück


Ein schwarzer Tag im IES Pedro Soto de Rojas, für mich jedenfalls, denn die Schule samt ihren Menschen ist mir ans Herz gewachsen, trotz des hohen Lärmpegels.


Heute hab ich es endlich in eine bilinguale Stunde mit dem US-Assistenten geschafft: er zeigt den ZweitklässlerInnen in Geschichte eine Dokumentation des Tourismusverbands von Asturien, in der eine amerikanische Stimme vom Jakobsweg erzählt. Toll für mich und andere middle-aged travelers, aber nicht nach dem Geschmack der Kinder. Der TA hat die Wiedergabegeschwindigkeit gedrosselt, was sehr unnatürlich klingt, und die englischen Untertitel sind fehlerhaft: statt Asturias steht einmal Austria, statt dessert zum Essen lese ich desert, die Wüste. Hmmmm. Die Kleinen beantworten nach dem Video die Fragen des jungen Amerikaners mit Begeisterung, sie freuen sich offensichtlich über seinen Besuch. Der ist allerdings kurz, und genau zur Halbzeit wechselt Kevin zu einem anderen Kollegen, der sich im bilingualen Programm engagiert. Ich bleibe und spreche laaaaangsam auf Englisch über Österreich, über den Truppenübungsplatz Allentsteig -  ja, wirklich; es ging gerade noch um die Verehrung des Grabes des Heiligen Jakobus, dann plötzlich sind wir bei Hitler, dessen nicht vorhandenem Grab und irgendwie bei seinen und meinen Vorfahren im Waldviertel, die selbstverständlich nicht verwandt waren.


Gleich nach der großen Pause geht es beim selben Kollegen weiter mit Kunstgeschichte, deren Studium er mit dem Doktorat abgschlossen hat. Eine Handvoll SchülerInnen der Abschlussklasse schreibt brav bei seinem anspruchsvollen Vortrag mit, ich mache heimlich ein Photo, das beweist, dass der einzige Altphilologe im Haus ebenfalls diesen kleinen Sonderunterrichtsraum verwendet. Latein und Griechisch sind auch hier Orchideen, die wenige SchülerInnen wählen, während die meisten den Weg der Naturwissenschaften gehen. Die EnglischkollegInnen sagen, sie bemerkten keinen Unterschied zwischen den einzelnen Zweigen, und ich müsste noch viel länger bleiben, um das zu beurteilen. In jedem Fall wollen nur wenige hier über Musik oder Kunst lernen, und das fette Buch über La historia del arte ignoriert uns ÖsterreicherInnen fast zur Gänze. Ich finde genau ein Klimtgemälde, das knapp gesprochen wird. Hmmm.



Latein kann man hier lernen,
Altgriechisch auch; Deutsch nicht



Knapp ist leider nicht das Stichwort, wenn ich mein Gepäck anschaue. Gestern Abend war ich begeistert, jetzt hab ich den Salat. 


   
Turrón kann  man nie genug haben, ...

 
... außer der Koffer wiegt schon 26 Kilo OHNE Süßes:
 mein Handgepäck am Flughafenklo


Am Flughafen musste ich gerade ein paar Kilogramm ins Handgepäck umschichten, das jetzt aus zwei schweren Rucksäcken besteht. Und zu allem Überfluss hab ich keine Hand mehr frei für ein weiteres Geschenk, das die doch ziemlich lange Reise wahrscheinlich ohnehin nicht gut überstehen würde.

   
Ihr müsst leider hier bleiben,
ihr leckeren Piononos

Der Fluģhafen füllt sich mit Passagieren, die nach Nordafrika wollen. Ich auch! Und kann ich meine Rucksäcke bitte hier lassen? Im Granada Duty Free ist eine Sorte Turrón im Angebot, noch dazu die, die mir am liebsten ist. Warum hab ich nicht alles hier gekauft?


So ein kleiner Flughafen, und sogar manche Toiletten sind winzig.


Links oder rechts, welche soll ich nehmen?


Zwei Oberösterreicher im Anzug wollen sicher auch nach Wien, die meisten anderen eher nur nach Madrid. Ich bin weiterhin für Melilla oder gleich Granada, und meine zwei Seelen streiten ein wenig hier in der eine  Wartehalle.


Eine größere Aueinandersetzung durfte ich heute Vormittag miterleben, als es beim Treffen der Lehrerinnen und Lehrer, die auf Englisch und Spanisch unterrichten, um Geld ging. Obwohl sie einiges mehr an Vorbereitung für ihre Stunden im Klassenzimmer leisten, bekommen sie dasselbe Gehalt wie die übrigen KollegInnen. Zu Beginn des Projekts der bilingualen Schulen gab es zusätzliche Abgeltungen, aber jetzt ist das vorbei. FEDE, eine Organisation, die mit EU-Gremien zusammenarbeitet, überweist Geld an die Schulen, diese leiten es an die FremdsprachenassistentInnen weiter, die mit den spanischen KollegInnen den Unterricht gestalten. 800 Euro im Monat bekommt Kevin für die dreizehn Wochenstunden, die eigentlich 26 unterschiedliche Einheiten sind, weil er immer nur jeweils dreißig Minuten in einer Klasse ist. TAs in Österreich haben dieselbe Lehrverpflichtung, ihr Gehalt ist aber doppelt so hoch. Wie es zu solchen Unterschieden kommt, weiß ich nicht, ich habe allerdings auch nie gefragt, was meine Englischkolleginnen und -kollegen verdienen. Über manche Dinge spreche ich nicht gern. Charo, meine Englischkollegin, die den bilingualen Unterricht koordiniert, sagt es auch nicht gern, muss aber: es stehen Inspektionen bevor, bei denen jemand von FEDE kommen wird um zu prüfen, ob denn wirklich zwanzig Prozent (oder besser mehr) von jeder Stunde auf Englisch gehalten werden. Die KollegInnen knurren und erklären mir, was FEDE ist: Federation for Education in Europe. Arbeitet mit dem Europarat zusammen und ist irgendwie zuständig für all die bilingualen Schulen im ganzen Land. Fragen über Fragen tauchen plötzlich auf, mir fehlen noch so viele Informationen, kann ich vielleicht doch noch ein paar Tage länger bleiben und ein Paar Tanzschuhe suchen?


Was ich unbedingt noch machen möchte ist, die Eindrücke, die ich von Schule, LehrerInnenteam und Schülerinnen und Schülern gewonnen habe, zusammenzufassen. Aber jetzt geht es auf in die Hauptstadt, wo wir in weniger als einer Stunde schon wieder landen sollen.


   
Ein letzter Blick auf das Schneegebirge,
aka la Sierra Nevada

So klein!



Otra excursión y más flamenco



Ein spontaner Besuch in einer der Abschlussklassen zeigt mir heute früh, dass die Pubertät auch in Granada ein Ende hat. Diese an die dreißig jungen Erwachsenen denken mit, hören zu, stellen Fragen, sind leise! Leider muss ich die angenehme Englischstunde zur Halbzeit verlassen, weil ich ins Krankenhaus fahre.





Die SchülerInnen der ersten Klasse Bachillerato des naturwissenschaftlichen Zweigs besuchen mit ihrer Biologielehrerin und einer Chemiekollegin eine Universitätsklinik, die auf Reproduktionsmedizin spezialisiert ist, und ich darf mit. Zum zweiten Mal schon muss mich eine Kollegin auf ein Metroticket einladen, weil meine Buskarte nicht gültig ist in dieser recht neuen Bahn, auf die alle sehr stolz sind. Auch der Hochgeschwindigkeitszug AVE hat Granada erreicht, Ende Juni dieses Jahres, aber das hab ich irgendwie verschlafen, weshalb ich morgen nicht mit dem Zug in die spanische Hauptstadt fahre, sondern zwei Flugzeuge besteigen werde, zuerst hier in Granada/Jaen, danach in Madrid, hoffentlich.


Nicht nur der herzliche Empfang durch eine Medizinerin und ihr Team, auch die Bewirtung und die äußerst rege Beteiligung der Siebzehnjährigen an den Gesprächen und Aktivitäten gefallen mir. Allein die Idee, junge Leute hier ins Universitätsklinikum Virgen de las Nieves einzuladen, finde ich gut. Drei Stunden verbringe ich also im Krankenhaus, während es draußen schüttet und für morgen in den nahen Bergen Schnee erwartet wird.



Unser Programm


Zuerst ein Vortrag über Fertilitätsprobleme und
einige Kapitel Theorie zum Thema
reproducción asistida, ...


... alles begleitet von Kaffee oder lauwarmer Schoko,
donuts, bizcochos, magdalenas und anderen Krankenhausnaschereien

Nur ganz kurz nicke ich ein, während die Ärztin begeistert von ihrer Arbeit mit PatientInnen, in Forschung und Lehre erzählt. Warme Milch macht mich müüüüde.


Dann wird es praktischer. Wir sehen gefrorene Embryos und ebensolche Spermien, die wir sogar auftauen und beim Schwimmen beobachten dürfen. Bizarr, finde ich, aber den SchülerInnen macht das Spaß und einige überlegen schon, Biologie, Chemie oder Medizin zu studieren. Als man uns noch eine künstliche Befruchtung vorführt, sind wir alle überrascht, wie einfach sie funktioniert. Und jetzt kennen wir auch die Antwort auf die Frage, die mich gestern in der Beschreibung des Lehrausgangs im Konferenzzimmer gefesselt hat: Wo kommen die Kinder her?


 
Jede Exkursion muss im Lehrerzimmer avisiert werden


Eine der vier Schülergruppen auf dem Weg ins Labor


Voll mit tiefgekühlten Embryos

 
Wir lernen, wie man Eizellen erntet und
Embryos einsetzt


 Akzente sind im Spanischen eigentlich ganz logisch,
selbst wenn es viele SchülerInnen nicht glauben wollen,
auch muttersprachliche


Mein Souvenir aus dem Labor


Ein wirklich interessanter Ausflug an einen Ort, den man sonst nur als PatientIn besuchen würde. Zwei Fertilitätsbehandlungen bezahlt hier übrigens der Staat, ab der dritten muss man das Geld selbst aufbringen. Ein Drittel der Behandlungen führt zu einer Schwangerschaft, insgesamt ein Viertel endet mit einer Geburt. Klingt nicht viel, ist aber besser als nichts, sind sich die ReproduktionsmedizinerInnen einig.


Ähnlich steht es um meine Souvenirs: viele sind es nicht, sogar das Kind bekommt diesmal wenig, und für mich selbst hab ich genau ein Paar Plüschsocken und zwei Hosen erstanden, eine für heute Abend. Nach meiner siesta, für die es jetzt um 17 Uhr viel zu spät ist, gehe ich nämlich ins Theater. Kein Theaterstück lockt mich, nein. Flamenco ist es, wieder an einem Donnerstag. Ums Eck von meiner Wohnung, im Teatro Isabel la Católica, findet eine Benefizveranstaltung statt, bei der einige bekannte Musiker, SängerInnen und FlamencotänzerInnen auftreten werden. Bin gespannt, ob der Rahmen für Flamenco passt.



Bin ich froh, dass ich heute Abend noch weggehe: in einer bisher ruhigen Nachbarwohnung, aus deren Küche nur einmal gegen 22 Uhr scheußlicher Tortillagestank über die Heizungsschlitze in meine Wohnung gedrungen war, ist  plötzlich ein sehr lautes Baby, man knallt mit den Türen, lässt die Balkonjalousien runtersausen, rückt Stühle hin und zurück und her und hin. Keine Ahnung, wer hier auf Besuch ist, aber meine siesta war keine rechte Erholung.


Es ist fast 8 Uhr abends, ich zieh mich ganz warm an und gehe noch ein bisschen einkaufen, bevor die Flamencovorführung um 21.30 beginnt. Gääähhhhn.


Meine Beute. Man kann die genug Turrón haben




All das erwartet die vielen BesucherInnen
der Benefizveranstaltung
zugunsten eines jungen Flamenco-Klubs

 
Zwei Stunden Programm, während dessen
man nicht photographieren darf

Große Flamenco-Gitarristen, SängerInnen und TänzerInnen, sogar eine Mitzwanzigerin, die hier in Granada ein Star ist, weil sie einen wichtigen Gesangswettbewerb gewonnen hat --- sie alle zeigen, was sie können, aber ich bin nicht bei der Sache. Die Show in der Platería letzten Donnerstag war sehr viel kürzer, mit weniger Künstlern und nur einer Künstlerin, doch irgendwie hat sie mich berührt und begeistert. Heute Abend ist gut, aber nicht sehr gut.


Das Baby hat unser Haus verlassen, hurra, es ist still und ich schlafe. Bis gegen 3 Uhr früh die Müllabfuhr kommt, wie an fast jedem Werktag. Polter polter quietsch, schon bin ich wieder wach. 


Ein bisschen später trabe ich zum letzten Mal den Genil-Fluss stromaufwärts, auf meiner Lieblingsstrecke, und als ich kurz vor sechs wieder in meine Gasse einbiegen will, gehend, dehnend, noch schnaufend, schreien drei junge Frauen einer vierten nach, die mir recht schnell entgegen kommt. Sie solle nicht so rennen, sagt eine. Doch die Schnelle kreischt zurück: Hört auf, wie Schildkröten zu schleichen! Darauf eine der drei Langsameren: ¡Somos españolas, no alemanas! Tja, die Spanierinnen sind anders als wir Deutschsprachigen, wie überhaupt vieles anders ist hier als zu Hause. 

Mittwoch, 13. November 2019

¿Generalife, Alhambra o nada?



Wieder einmal nimmt sich der Direktor des IES Pedro Soto de Rojas Zeit für meine Fragen, staunt, dass unsere Vormittagspause so kurz ist, erzählt von der gestrigen Evakuierungsübung und freut sich, dass mir mein Aufenthalt hier so gut gefällt.


Als sich herausstellt, dass mein heutiger Stundenplan nicht ganz passt, darf ich im berufsbildenden Zweig der Schule, den junge Menschen nach Abschluss der Pflichtschule besuchen können, hospitieren. Eine Gruppe von dreizehn Jugendlichen ist mitten im Rollenspiel: ein alter Mann braucht ein Notrufsystem, die Helferinnen in Ausbildung bringen und erklären es ihm, rufen ihn an und reagieren auf seine Anrufe, und als er sich einmal beim Kochen verbrennt, wird rasch ein Rauchmelder installiert. Zusätzlich rät man dem Mann, doch an einem der Kurse der Stadtverwaltung teilzunehmen, statt nur zu Haus zu bleiben.

Die jungen Frauen werden hier zu Gesundheits- und Hygienefachkräften ausgebildet, machen nach zwei Jahren Schule ein Praktikum und können dann in Sozialberufen arbeiten.


Einer der Räume für SchülerInnen der
Berufsbildung

Auch das ist Teil des Klassenzimmers

Die Jugendlichen wirken sehr sicher bei ihrem Rollenspiel, sind eloquent, sprechen laut und meistens deutlich, und ich kann sie mir gut vorstellen in einem Sozialberuf.


Statt mit dem US-amerikanischen Assistenten in eine Physikstunde zu gehen, darf ich dann beim Kochen dabei sein: die zweite Gruppe der etwa 30 angehenden Pflegefachkräfte, die heute zum ersten Mal eine Dreistundeneinheit im hinteren Teil ihres Klassenraums verbringt, arbeiten an einem mehrgängigen Menü: es gibt einen kleinen Salat, ein Risotto mit bacon (nein, nicht guter spanischer Schinken wird hier verbraten, bloß fetter Speck), Pasta mit bacon und ganz viel Käse (a la americana, eh klar) und Obst auf Keksboden mit sehr viel Butter und Zuckerjoghurtcreme. Nudeln und Salat schenk ich mir, der Rest ist vorzüglich. Eigentlich wollte ich am Nachmittag doch noch hinauf zur Alhambra und in den Generalife-Garten, doch es regnet ziemlich stark, ich bin zum Essen eingeladen und muss Blog schreiben. Ich habe es geschafft, zwei Wochen hier zu sein, ohne dem Wahrzeichen der Stadt zu nahe zu kommen. Muss ich halt wiederkommen nach Granada.



Die Schülerinnen posieren vor der Küche und
verdecken dabei den Herd

Im Hintergrund der Ernährungslehre-Kollege,
der lieber daheim isst

Ein für mich interessantes Detail, das ich am Esstisch von den jungen Frauen erfahre: eigentlich beginnt die Beschäftigung mit der englischen Sprache hier in Spanien im Alter von drei Jahren, das heißt jede Spanierin, jeder Spanier erhält gut zehn Jahre Englischunterricht. Alle hier am Tisch waren unzufrieden mit ihren Englischstunden in der Primeria, also in den ersten sechs Schuljahren, und sagen, dass sie deshalb schlecht sprechen können und wenig verstehen, wenn jemand auf Englisch mit ihnen redet. In den beiden Jahres der Berufsbildung gibt es gar keine Fremdsprache mehr für sie. Schade.


Auf manche Fragen finde ich noch keine Antwort. Morgen vielleicht, wenn ich zum dritten Mal an einer Schulexkursion teilnehmen darf. Jetzt aber gehört mein Abend dem Shoppen und Fernsehen: ich muss wissen, was das Königspaar auf Kuba macht. 


Los Reyes en Cuba




Nach mehr als einer Woche in Granada kenn ich mich schon so gut aus, dass ich heute noch länger frühstücke als sonst und spontan beschließe, ein ganz neue Route zur Schule zu gehen. Natürlich verrenne ich mich, frage Google Maps viel zu spät und komme erst zehn Minuten vor Beginn meiner ersten Stunde an. Es folgen zwei Englischeinheiten mit einer Kollegin, deren Lärmtoleranz mich vermuten lässt, dass sie noch schlechter hört als ich.


Nach der willkommenen, dreißig Minuten langen Pause mit meinem obligaten doppelten zumo de naranja und einem  Gespräch über die spanische Monarchie und die österreichischen Koalitionsverhandlungen geht es in der Schulbibliothek weiter.


All diese SchriftstellerInnen
aus der weiteren Umgebung Granadas
waren zu Lesungen hier am
IES Pedro Soto de Rojas


Jetzt sind sie hier: die Kolleginnen und Kollegen
der Comisión Biblioteca


Mehr als ein Dutzend LehrerInnen unterschiedlichster Fachgruppen arbeiten eine Stunde pro Woche daran, die Bibliothek noch attraktiver zu machen. Sie organisieren Lesungen mit Autorinnen und Autoren, halten Ordnung in den Regalen, informieren die SchülerInnen über aktuelle Literaturwettbewerbe, und sie verwalten viele Bücher und unglaublich viele Schlüssel. Die Bibliothek ist übrigens nach einem der Schulportiere benannt, der auch Schriftsteller ist und regelmäßig publiziert: Ángel Olgoso.


Bibliotheken und Schulen an sich beherbergen oft ungeahnte Schätze,
auch diese hier


Ich erfahre jetzt auch Details zur Homepage der Schule, die ich immer wieder ein bisschen angeklickt hatte, aber nie gelesen. Meine nette Englischkollegin Charo zeigt mir, was die Bibliotheksseite (https://sotobiblioteca.jimdo.com/) bietet, und macht mir Lust, ein paar Dinge davon für meinen Spanischunterricht zu verwenden. Ideen für meinen Englischunterricht sind auch dabei, wer weiß, was auf meine Daheimgebliebenen zukommt in den nächsten Monaten. Ein paar nette Videos sind zum Beispiel abrufbar, in denen SchülerInnen der letztjährigen ersten ESO-Klasse über ihr Lieblingsbuch erzählen, und sie haben sich sogar passend zum Buch verkleidet. Beiträge zu vergangenen Schreibwettbewerben könnten ebenfalls zum Einsatz kommen, ¿quién sabe?


Ich kenne mich mittlerweile so toll aus mit dieser Tablettastatur, dass ich das verkehrte Fragezeichen quasi im Schlaf finde. Schlaf ist das Stichwort: ich muss vor dem Zubettgehen unbedingt noch herausfinden, was das spanische Königspaar heute auf  Kuba gemacht hat. Zum ersten Mal seit der Gründung Havannas vor immerhin 500 Jahren besucht jetzt ein spanischer König offiziell die Stadt, und die Liste an geplanten Aktivitäten vor allem seiner Frau klingt furchtbar langweilig. Ich wüsste ganz viele Dinge, die ich in der Hauptstadt und sonstwo auf der Insel machen würde, aber ich bin ja nicht die Frau des spanischen Königs. Schade eigentlich, ich wollte immer Prinzessin sein oder Königin, und ich würde auch sicher nie wieder Süßes essen, um so dünn zu werden und zu bleiben wie la reina Letizia.


Die Frau Königin könnte mein heutiges Mittagessen in einem kleinen Cafe nahe der Schule in einer Woche nicht essen, da bin ich sicher. Mir aber hat's geschmeckt und ich brauchte nur einen Orangensaft als Nachspeise, den dritten des Tages, später dann in der Stadt, vielleicht im selben Lokal wie vor 30 Jahren.



War hier die Bar, in der wir
jede Sprachkurspause vertratschten?
Oder nebenan,
wo ich heute mehr zumo konsumiere, als mir gut tut?


'Ich wollte ein Croissant
mit leckerem Schinken und Käse!'
hätte ich fast gerufen. Gott sei Dank war der Kellner
nicht mehr da, als ich den Mund aufmachte:
das hier ist ja nur una tapa, und ...

... hier ist mein eigentliches
Mittagessen. Nichts für dünne Königinnen,
aber die richtige Nahrung für hart arbeitende
Hospitationspraktikantinnen
auf dem Weg ins
Kloster  -- siehe unten

Bevor ich essen durfte, gab es noch eine besondere Aufgabe für mich und die vielen KollegInnen am IES Pedro Soto de Rojas: die halbjährliche Evakuierungsübung der Schule, bei der alle Personen im Schulgebäude dieses verlassen und sich am Schulhof/ Sportplatz einfinden müssen. Und das Ganze ruhig und gesittet und so schnell wie möglich. Schnell, ja schon; gesittet, sehr: im Gänsemarsch, viel angenehmer weil sicherer als bei uns zu Hause; ruhig, ... natürlich nicht, es sind spanische Kinder und Jugendliche. Sie bekommen ihre Weihnachtsgeschenke nicht ein Mal, sondern zwei Mal, am 5./6. Jänner und schon am 24./25. Dezember. Frechheit!


Unterstützt von einem ausgeklügelten
Farbleitsystem ...

... finden alle den Weg ins Freie und ...

... stehen dann brav in der Reihe;
mit Megaphon: Direktor Serrano González

An der Wand neben dem Sportplatz/ Pausenhof/ Sammelplatz:
die Übersicht, wer wo zu stehen hat
     
      
Bildschirme und ihre Botschaften
sind für Kinder und Jugendliche
nicht interessant


Die Notfallsübung verlief gut, ruhig war es auch dieses Mal nicht, aber im April ist der nächste Durchgang geplant; dann soll ein Erdbebenszenario durchgespielt werden, denn Granada liegt in einer unruhigen Zone, erfahre ich heute. The Big One soll bitte noch ein paar Jahrhunderte warten. Just am Tag der Übung, als ich die Bibliothek kennenlernte, gab es drei kleine Erdbeben ganz in der Nähe! Steht heute lapidar in Granada Hoy, einer der beiden Lokalzeitungen, und keiner ist beunruhigt außer mir. Hiiilfe!


Als hätte ich geahnt, dass ich Kraft und Stärke brauche, kaufe ich am Nachmittag Unmengen Süßes, gehe aber davor ins Kloster.


Die Heiligen 3 Könige ...


... samt den Weintrauben,
die man zu Silvester schlucken muss, praktisch in kleinen Döschen zu je 12 Stück und
haltbar bis zur nächsten Jahrhundertwende.


Jetzt hab ich endlich turrón gekauft,
für die SchülerInnen und die Verwandten und
vielleicht auch für meine KollegInnen daheim,
die seit Tagen für mich supplieren



Man kann nicht genug turrón im Haus haben


Natürlich habe ich nicht nur eingekauft am Nachmittag, ich war auch im Kloster. El Monasterio de San Jerónimo ist ein Renaissancebau, den die Katholischen Könige außerhalb der Stadt errichten lassen wollten, dann aber wegen der Gelsenplage dort nach Granada verlegt haben. Gut so. Oder auch nicht, denn am ursprünglich geplanten Ort Santa Fe ist heute die Produktionsstätte meiner Lieblingsnachspeise Piononos quasi in Reichweite, und ein Ausflug dorthin wäre demnach unverzichtbar für kunstinteressierte Hospitationspraktikantinnen.


Ins Kloster also. Fast leer, wunderschön, riesig. Einer der hier Bestatteten ist El Gran Capitán, der zehn Jahre lang um Granada gekämpft hatte gegen die Mauren. Natürlich wurde er hier beigesetzt, und hier findet sich auch die Statue des Jesukindes, die er bei jeder Schlacht mitführte.



Im Innenhof des Klosters San Jerónimo

Wenn ich noch ein paar Wochen übe,
sieht man vielleicht auf einem einzigen Photo
Vorder- und Hintergrund


In der imposanten Klosterkirche mit unglaublicher Deckengestaltung,
Fresken und einem derart
reichen Hauptaltar ...

... wird einem sicher nie langweilig,
egal, wie lang die Messe dauert


Er steht im Seitenschiff  Tag für Tag, und die Decke
für kühle Nächte liegt griffbereit

   
Noch lustiger diese Büste einer Nonne, die sich um die Restaurierung
des Klosters verdient gemacht hat 
   
Von allen Seiten nett











Dienstag, 12. November 2019

Semana dos, día uno



Am Ende des Tages eine furchtbare Chemiestunde, ein bisschen bilingual, hauptsächlich aber der Versuch eine zweite Klasse zu zähmen, also Unterricht mit oder gegen Dreizehnjährige, die wirklich mühsam sind. Die Kollegin ist nicht zu beneiden.

Davor habe ich aber heute schon gesehen, dass es auch anders geht: Englisch in einer ersten Klasse, fast ausschließlich in der Zielsprache, mit klaren Regeln, ordentlichen Ringbüchern, in denen es nicht nur Schul- und Hausübungen gibt, sondern --- einen Vokabelteil! Hurra! Listen, Wortfelder, mind maps zu bestimmten Themen, ... wie schön. Und noch eine Premiere hier für mich, oder zwei: die Kollegin arbeitet spielerisch, lässt die Kinder zuerst sich leise an gelernte Vokabeln erinnern, spielt dann ein wortschatzerweiterndes Spiel mit ihnen, schreibt neue Wörter samt Lautschrift an die Tafel und übt sie ausführlich, lässt die SchülerInnen in Vierergruppen die Hausaufgaben vergleichen ---- und es funktioniert, die Kinder machen mit, lernen, haben Spaß mit der Sprache. Bevor die Lehrerin aber in die Klasse kommt, darf ich allein beginnen, denn sie verspätet sich eine Viertelstunde, und wo ich doch schon da bin, könnte ich doch bei offener Tür... Ja, kann ich. Was soll ich in Granada noch machen, was würdet ihr mir raten? Die Kinder beraten auf Spanisch und ein bisschen Englisch, einigen sich auf Eis essen (aber nur bei einem Italiener) und ins riesige Einkaufszentrum fahren. Aha. Und wo soll ich dort einkaufen? Bei Invain --- man buchstabiert recht gut, kann mir aber nicht erklären, warum das Geschäft so toll sei. Dann kommt die Kollegin und lässt die Klasse raten, woher ich bin. Viele Länder können die Kleinen auf Englisch sagen, an Österreich denkt wieder einmal niemand.


Nach einer interessanten Pause im Arbeitsraum der EnglischlehrerInnen (himmlisch!) geht es weiter mit Töpfern. Töpfern! Fünf Teenager, die eine Stunde pro  Woche lieber mit den Händen arbeiten als mehr Sport zu machen oder auf Englisch Theater zu spielen, räumen her, setzen sich zu ihren Werkstücken und arbeiten. Die beiden Schüler der Aula de apoyo, Carlos und Jose ohne Akzent auf dem E sind auch dabei, mit ihrer Betreuerin und einem Mann, der da ist und ebenfalls unterstützt, aber nicht unnötig eingreift. Allen macht das Formen und Bemalen des Tons Spaß, nur ich möchte eher beobachten und plaudern mit den Kindern und KollegInnen.


Produkte vergangener Stunden

Die Schülerinnen ...

... arbeiten schneller und geschickter als ...

... ich


Ich kenne meine Grenzen. Nach dem Stress in der Schule gönne ich mir -- völlig unpassend bei zehn Grad Mittagstemperatur -- meine erste Gazpachoportion seit dem Sommer. Ich feiere auf einem meiner drei Balkone den Erhalt der Briefe, die SchülerInnen einer vierten Klasse ESO, also Fünfzehn- und Sechzehnjährige, an meine SiebtklässlerInnen zu Hause verfasst haben. Die ÖsterreicherInnen hatten sich in ihren Briefchen vorgestellt und kurz über unsere Stadt und das BORG Krems berichtet. Bin gespannt, wie ihnen nächsten Montag die Antwortschreiben gefallen.



Ein Highlight an diesem Montag:
die Briefe an meine Spanischschülerinnen und
- schüler zu Hause, die nach zwei Lernjahren schon
ganz nette Briefe an Unbekannt verfasst hatten.
Jetzt bekommen sie Antwort auf Spanisch,
und ich bin die Briefträgerin



Weil es so tolle Rezensionen hat und noch dazu Sicht auf die Alhambra verspricht, mache mich am späten Nachmittag auf zum Museo de la Inquisición. Der Hauptteil der Ausstellung ist publikumswirksam der Folter und ihrem Instrumentarium gewidmet, was mich eher abstößt.



Man sieht gut hinauf, das ist wahr,
und hat im Vordergrund noch ...


... einen Galgen

Ich lese die paar Zeilen über die jahrhunderte lange Zeit der Inquisition, ein bisschen was über Granada, einige Zahlen über Verbrennungen bei lebendigem Leib --- doch mehr will ich nicht mehr wissen; ich kenne meine Grenzen und will hier weg.


Details zu Hinrichtungen und verhängten Bußen


Der zweite Schwerpunkt des Hauses ist ein interaktives Flamenco-Museum-chen, nett, aber eben nicht besonders ausführlich oder gar informativ. Den wichtigen, von Manuel de Falla y Federico García Lorca initiierten Flamenco-Wettbewerb verlegt eine Texttafel um schlappe 70 Jahre: 1992 soll er stattgefunden haben, steht da. Aber die Anführungsstriche auf der Eintrittskarte hätten mich schon warnen sollen.




Etwas eigenartige Übersetzungen 

Nur in Anführungszeichen eben